Jupiter in Opposition 2019
von Marc Streit
Der größte Planet unseres Sonnensystems, Jupiter, steht wieder einmal in Opposition. Opposition bedeutet, dass sich Sonne, Erde und Jupiter auf einer Linie befinden – und zwar in dieser Reihenfolge. Zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs geht der Jupiter auf, ist die ganze Nacht zu beobachten und geht erst wieder zum Sonnenaufgang unter. Jupiter steht der Sonne also genau gegenüber. Die Erde überholt Jupiter auf der Innenbahn etwa alle 13 Monate – immer dann kommt es zu dieser Konstellation. Planeten lassen sich während ihrer Opposition besonders gut beobachten, weil sie dann der Erde am nächsten sind und der von uns aus gesehene Teil des Planeten vollständig beleuchtet ist. (Strenggenommen fällt der erdnächste Punkt aufgrund der leicht elliptischen Bahnen der Planeten nicht exakt mit der Opposition zusammen. Den kürzesten Abstand zur Erde erreicht Jupiter daher erst zwei Tage später am 12. Juni.)
Also rausgehen und den Jupiter in seiner vollen Pracht bewundern! Aber keine Sorge, falls das Wetter nicht mitspielt: Der Jupiter ist auch die nächsten Wochen und Monate noch gut zu beobachten.
Leider entwickelt sich bei solchen Gelegenheiten oft ein gewisser Hype gepaart mit irreführenden oder schlicht falschen Behauptungen. Manche Artikel lassen einen sogar glauben, Jupiter sei nur in einer ganz bestimmten Nacht zu sehen, um anschließend wieder in völliger Dunkelheit zu entschwinden. Ich möchte daher an dieser Stelle mit einigen Aussagen verschiedener Berichte in den Medien zu diesem Ereignis aufräumen.
Fangen wir mit einem der am schlechtesten recherchierten Artikel an, der auf rtl.de veröffentlicht wurde:
Bei diesem Artikel bedarf nahezu jeder Satz eines Kommentares.
Ferngläser rausholen! Im Juni können wir Jupiter mit bloßem Auge sehen
Was denn jetzt? Mit bloßem Auge oder doch mit dem Fernglas? Also … Jupiter ist mit dem bloßen Auge zu sehen – und auch nicht zu übersehen. Ein Fernglas enthüllt jedoch mehr Details wie beispielsweise seine vier größten Monde.
Noch nie war der Jupiter so nah!
Doch. Und noch viel näher. Der Jupiter ist bei der diesjährigen Opposition ca. 640 Mio. Kilometer von der Erde entfernt. In den Jahren 2010 und 2011 waren es sogar weniger als 600 Mio. Kilometer. Zuletzt war er im Jahr 2014 näher an uns als in diesen Tagen.
Jupiter […] wird im Juni besonders hell erscheinen. So hell, dass wir ihn sogar mit bloßem Auge erkennen können.
Nicht nur im Juni. Der Jupiter ist bereits seit einigen Monaten in der zweiten Nachthälfte zu beobachten und wird auch die kommenden Monate hell am Himmel strahlen und jeden Tag etwas früher zu sehen sein. Dabei ist er immer mit bloßem Auge zu sehen.
Grund dafür ist laut der Raumfahrtbehörde Nasa, dass der Planet zu diesem Zeitpunkt in Opposition zur Sonne gelangen wird.
Wenn’s die NASA sagt … wer will da schon widersprechen? Ja, die Helligkeit ist während der Opposition tatsächlich am größten. Aber wie schon erwähnt, ist der Jupiter auch weit abseits seiner Oppositionsstellung eines der hellsten Objekte des Himmels.
Speziell in der Nacht zum 10. Juni wird der Jupiter am Nachthimmel nicht zu übersehen sein.
Und in der Nacht davor und danach und in den Wochen und Monaten davor und danach ebenfalls. Wenn Jupiter am Nachthimmel steht, dann ist er so gut wie nie zu übersehen. Er drängt sich geradezu auf. Und das, obwohl er in unseren Breiten derzeit keine 20° über den Horizont steigt.
So ein himmlisches Ereignis haben wir wahrscheinlich noch nie gesehen!
Doch. Jedes Jahr. Auf die Redakteure von rtl.de mag diese Aussage jedoch zutreffen.
Weiter geht’s mit einem recht ähnlichen Artikel auf futurezone.de:
Laut der Raumfahrtbehörde NASA wird der Jupiter im Juni in Opposition zur Sonne gelangen.
Ah … die NASA schon wieder. Das sind doch die, die die Teflonpfanne erfunden haben, oder?
In der Nacht des 10. Juni 2019 wird der Jupiter am Nachthimmel nicht zu übersehen sein.
Da lässt sich nicht widersprechen. Dass das auch für viele andere Nächte des Jahres gilt, brauche ich hier nicht zu wiederholen.
Somit erstrahlt der Planet zu diesem Zeitpunkt heller als den Rest des Jahres 2019.
Das ist korrekt. Der Helligkeitsunterschied zu den Wochen vor und nach der Opposition ist jedoch bei weitem nicht so auffällig, wie es manche Berichte suggerieren.
[Jupiter ist] uns 17 Millionen Kilometer näher als während seiner letzten Opposition. [D]as bedeutet, dass er […] am Nachthimmel größer und heller erscheinen wird.
Auch das stimmt. Dadurch erscheint uns Jupiter allerdings nur geringfügig größer als im letzten Jahr. Sein scheinbarer Durchmesser am Himmel beträgt dieses Jahr im Maximum 46 Bogensekunden. 2018 waren es hingegen nur 44,8 Bogensekunden. Der Größenunterschied ist in der Grafik zu sehen.
Besitzt du allerdings ein kleines Teleskop, so hast du mithilfe dessen im Juni sogar die Chance, einen Blick auf die 79 Jupitermonde […] zu werfen.
Sie werden sie allerdings nicht finden. Aber machen Sie nicht Ihr Teleskop dafür verantwortlich, wenn Sie nicht alle 79 bekannten Monde des Jupiters entdecken können! Zwölf dieser Monde wurden erst letztes Jahr entdeckt – und das auch nur zufällig. Wären diese nur wenige Kilometer großen Monde so einfach von der Erde aus zu beobachten, wären sie nicht erst kürzlich entdeckt worden. Ähnliches gilt auch für die meisten anderen Jupitermonde.
Mit einem Teleskop – aber auch schon in einem Fernglas – lassen sich hingegen die vier größten Monde des Jupiters sehr schön beobachten. Diese nach ihrem Entdecker benannten Galileischen Monde tanzen um Jupiter herum, sodass sich innerhalb von nur wenigen Stunden Positionsveränderungen erkennen lassen.
Auch die hellen und dunklen Wolkenbänder lassen sich in einem Fernrohr gut beobachten, wenn man einen Moment mit möglichst geringer Luftunruhe abwartet.
Und das natürlich nicht nur im Juni, sondern immer wenn Jupiter am Nachthimmel zu sehen ist.
Jupiter […] soll sogar den hellen Stern Antares in seiner Nähe übertrumpfen, berichtet National Geographic.
Sapperlot! Sogar heller als Antares! Und nach der NASA jetzt auch noch National Geographic – da schauen wir doch gleich mal rein.
Der Jupiter sollte in diesem Jahr also besonders hell erstrahlen und damit sogar den hellen Stern Antares in seiner Nähe übertrumpfen.
Tatsächlich. Da steht es. Allerdings gilt: Jupiter übertrumpft alle Sterne. Alle. Bei weitem. Und das nicht nur während der Opposition. Jupiter ist (nach dem Mond) derzeit – und auch noch für viele Wochen – das hellste Objekt am Nachthimmel. An ihn reicht nichts heran. Höchstens noch die für einige Minuten vorüberfliegende ISS. Und in einigen Monaten wieder die Venus.*
In dieser Nacht wird Jupiter am irdischen Nachthimmel so groß und hell leuchten wie das ganze Jahr über nicht.
Ja ja, verstanden. Und hier war es bewölkt. So ein Mist. Chance verpasst. Und jetzt?
Himmelsbeobachter können außerdem die beste Sicht auf den größten Planeten des Sonnensystems erhaschen, der so groß und hell erscheinen wird wie in den nächsten fünf Jahren nicht mehr.
Außer nächstes Jahr. Da ist Jupiter noch näher, noch größer und noch heller.
Und natürlich 2021: Da ist er sogar noch näher, noch größer und … egal … lassen wir das.
Die beiden Planeten Mars und Merkur stehen am 18. Juni besonders dicht beieinander am Nachthimmel. Da der Mars fünfmal so hell strahlt wie der Merkur, ist der innerste Planet unseres Systems oft schwieriger zu entdecken. Da die beiden Welten am 18. Juni aber so dicht beieinanderstehen werden, sollte es in dieser Nacht keine Probleme damit geben.
Doch, wird es – selbst für das geübte Auge. Das hat jetzt zwar nichts mit Jupiter zu tun, steht aber im selben Artikel und bedarf auch einer Berichtigung.
Beide werden in der Dämmerung und in Horizontnähe nur sehr schwer zu entdecken und am ehesten noch mit einem Fernglas zu beobachten sein. Tatsächlich wird bei dieser Begegnung (Konjunktion genannt) Merkur der hellere von beiden sein. Und auch wenn in der Regel Mars heller erscheint als Merkur, dann ist die Angabe, dass „der Mars fünfmal so hell strahlt wie der Merkur“ dennoch unklar. Auf was soll sich das beziehen? Die maximale scheinbare Helligkeit beider? Dann wäre Mars allerdings nur etwa zweieinhalbmal so hell wie Merkur.
Dass man an einen Artikel, der auf rtl.de erscheint und auf Click-Baiting ausgelegt ist, nicht unbedingt die höchsten Ansprüche haben darf, ist noch irgendwie nachvollziehbar. Von NatGeo erwarte ich demgegenüber schon eine deutlich gründlichere Herangehensweise. Spätestens seit den gefälschten Milchstraßenbildern, ist aber auch bei NatGeo Vorsicht geboten.
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Es sei nochmals gesagt: Es lohnt sich immer an den Himmel zu schauen. Und wenn man durch einen Bericht über eine Oppositionsstellung eines Planeten daran erinnert wird, ist das auch prima. Aber muss man es wirklich so übertreiben und eine Erwartungshaltung schüren, die am Ende aus dem sehenswerten Ereignis eher eine Enttäuschung werden lässt, weil es eben doch nicht so einzigartig ist, wie es dargestellt wird? Solche Berichte sind genauso dämlich wie die, in denen jeder Vollmond in Erdnähe als „Supermond“ und jede Mondfinsternis als „Blutmond“ bezeichnet wird.
Übrigens: Am 30. August ist „Super-Neumond“. Da ist der Neumond besonders nah an der Erde. Es ist gleichzeitig auch ein „Black Moon“, also der zweite Neumond innerhalb eines Monats. Schade, dass wir dieses seltene Ereignis nicht beobachten können werden. Also wenn das keine Story ist.
Ende des Rants.
(ms)
* Wenn Mars in Opposition steht, dann kann auch er es mit Jupiter aufnehmen – wie zuletzt im Sommer 2018. Beim Mars ist die Oppositionsstellung aufgrund seiner geringeren Entfernung zur Erdbahn im Übrigen bedeutsamer als bei Jupiter.