Mondfinsternis 27. Juli 2018
von Marc Streit
Kurzfristig entschloss sich eine kleine Gruppe der Sternwarte (Gerd Habersack, Jannik Schäfer, Hella Schwiesow, Marc Streit) die Mondfinsternis vom 27. Juli 2018 von der Südostseite des Petersberger Rauschenbergs zu beobachten. Der Blick von der Sternwarte wäre nach Südosten hin für die erste Hälfte der Finsternis versperrt und daher ein ungeeigneter Beobachtungsplatz gewesen.

Ursprünglich war geplant, die Beobachtung etwas östlich des Petersberger Friedhofs durchzuführen. Da dort jedoch die Sicht nach Westen hin versperrt ist und Jupiter im Südwesten ebenfalls ein lohnendes Ziel für diesen Abend war, sind wir etwas höher zum Rauschenberg – in etwa auf halber Höhe zur Hütte des Rhönklubs – gezogen. Hier der genaue Standort: https://goo.gl/maps/xwEyRFxTtpM2
Dort bauten wir gegen 20.30 Uhr den ED-RefraktorWerbung des Sonnenteleskops (100/900mm, ƒ/9) für diesen Abend auf. Die Filter zur Sonnenbeobachtung (D-ERFWerbung und H-alpha) blieben natürlich Zuhause. Als Montierung diente die akkubetriebene »Celestron AVX«Werbung.
Nachdem die Nächte zuvor sternenklar waren, war für den Abend der Mondfinsternis leider eine Bewölkung mit einem Bedeckungsgrad von etwa 30% angekündigt. Die Vorhersage traf zu. Unglücklicherweise verteilten sich diese 30% zum großen Teil auf den östlichen Horizont, sodass wir den Aufgang des bereits fast vollständig verfinsterten Mondes nicht beobachten konnten. Das erste Objekt, das gegen 21.15 Uhr zu sehen war, war die Venus in ihrer Rolle als Abendstern. Sie befand sich zu dieser Zeit allerdings bereits sehr knapp über den Bäumen des Rauschenbergs, sodass sie nur noch schnell zur groben Ausrichtung (Alignment) des Teleskops diente und kurz darauf verschwand.
Da sich der Mond zu diesem Zeitpunkt nicht nur im Erdschatten, sondern auch hinter den Wolken versteckte, war das erste Beobachtungsobjekt des Abends Jupiter mit seinen vier galileischen Monden. Das Seeing war über der Stadt und einer Höhe des Jupiters von weniger als 20° über dem Horizont erstaunlich gut. Als Okulare dienten ein 32mm-Plössl sowie jeweils ein 18mm-, 10mm- und 6mm-Ortho, die mithilfe eines Revolvers bequem gewechselt werden konnten. Bei Jupiter lag die maximal sinnvolle Vergrößerung unter Verwendung des 10mm-Okulars bei 90-fach. Darüber war die Luftunruhe über der Stadt dann doch etwas zu stark. Die Zonen und Gürtel waren relativ kontrastreich selbst ohne Filter zu beobachten. Der GRF war nicht zu sehen und wäre erst in den Morgenstunden ab ca. 3.00 Uhr aufgetaucht. Die galileischen Monde waren alle vier sehr gut auszumachen. Östlich von Jupiter befand sich Io, während sich Kallisto, Ganymed und Europa gemeinsam auf der anderen Seite versammelten. Kallisto befand sich mit einem Abstand von etwa 30 Bogensekunden – also weniger als ein Jupiterdurchmesser – am nächsten an Jupiter.
Das Ereignis lockte viele Interessierte an den Rauschenberg, die sich am Hang zwischen Waldrand und Marienküppel versammelten. Viele nutzten die Gelegenheit, um ebenfalls einen Blick durch das Fernrohr der Sternwarte zu werfen. Gut zwei Dutzend bestaunten die Details von Jupiter und anschließend Saturn. Darunter viele Kinder im Alter von 4 bis 13 Jahren mit ihren Eltern. Alle konnten sehr gut beschreiben, was sie an Details entdecken konnten. Manch anderer hatte es sich neben uns mit Campingstuhl und einem Glas Wein gemütlich gemacht und wartete sehnsüchtig auf den verfinsterten Mond.
Als nächstes schaffte es der bereits erwähnte Saturn, trotz seiner ebenfalls geringen Höhe (etwa 15°) über die Wolken im Süden zu klettern. Das Seeing war hier noch besser, sodass die Beobachtung mit dem 6mm-Okular bei 150-facher Vergrößerung richtig Freude bereitete. Hier spielte das kontraststarke Ortho-Okular also wirklich seine Stärke aus. Die Cassinische Teilung des Rings war ebenso gut zu erkennen wie die Monde Titan, Tethys, Enceladus, Rhea und Dione, die im Gegensatz zu den Jupitermonden sich eher „verstreut“ um den Saturn herum befinden. Saturn zeigt zurzeit immer noch fast die maximale Ringöffnung, die sich erst in den kommenden Jahren wieder deutlich verringern wird. Ende 2024/Anfang 2025 werden wir auf die Kante des in Relation zu seinem Durchmesser „hauchdünnen“ Rings schauen und ihn kaum – wenn überhaupt – beobachten können. Den derzeitigen Öffnungswinkel wird der Ring erst wieder im Jahr 2030 erreichen. Dann werden wir allerdings auf die Unterseite des Rings schauen, während wir momentan dessen Oberseite beobachten.

Gegen 22.15 Uhr – also etwa zur Mitte der Finsternis – lösten sich die Wolken am Horizont endlich langsam auf und der blutrote Mond konnte zunächst im Dunst erahnt werden. Die Beobachtungssituation verbesserte sich glücklicherweise immer weiter, sodass der Rest der Finsternis zusammen mit dem Mars dann doch noch sehr gut beobachtet werden konnte. Mars befand sich an diesem Abend in einem Abstand von nur wenigen Grad unterhalb des Mondes und leuchtete während der Finsternis auffällig in seinem typischen Orange-Rot. Mars befindet sich in diesen Tagen sogar in Opposition und ist mit weniger als 60 Mio. Kilometern Entfernung zur Erde nah wie selten und übertrifft durch diese Konstellation die Helligkeit des Jupiters deutlich.
Etwa um 22.30 Uhr erwarteten wir den ersten Überflug der ISS. Um 22.34 Uhr tauchte die Raumstation im Westen über dem Rauschenberg auf und zog eine Bahn von der Deichsel des Großen Wagens bis zu Pegasus am Osthorizont. Mit einer Helligkeit von bis zu -3,6mag war sie für ein paar Minuten das hellste Objekt des Himmels. Überflugdetails: https://www.heavens-above.com/passdetails.aspx
Der Andrang am Fernrohr war nach wie vor groß und an ein besseres Alignment oder gar an Fotoaufnahmen war daher noch nicht zu denken. Die Finsternis war mit bloßem Auge schon ein Hingucker – ein Blick durch das Fernrohr mit dem 18mm-Ortho-Okular ließ den „glühenden“ Mond aber noch viel plastischer erscheinen. Trotz der einäugigen Beobachtung beschrieben viele den Anblick des Mondes im Teleskop als „fast schon dreidimensional“.
Trotz der voranschreitenden Finsternis riskierten wir auch einen Blick auf den Mars. Ist bei der bloßen Beobachtung des Mars ohnehin nicht viel zu erwarten, war das Seeing zudem extrem schlecht. Also ließen wir die Goto-Montierung das Teleskop direkt wieder auf den Mond ausrichten.
Kurz vor Ende der Finsternis gegen 23.30 Uhr entschlossen wir uns doch noch ein paar Schnappschüsse des Ereignisses zu machen. Durch ein schnelles Two-Star-Alignment anhand der Sterne Deneb im Schwan und Dubhe im Großen Wagen versuchten wir das Alignment der Montierung für die Fotoaufnahmen noch etwas zu verbessern, was nur bedingt gelang, weil ganz zu Anfang die Montierung samt Teleskop nach bereits erfolgter Nivellierung nochmals komplett verrückt werden musste. Bis endlich eine ansehnliche Fokussierung erreicht werden konnte, war die Totalität der Finsternis gerade vorbei und ein kleiner Teil des östlichen Rands des Mondes wieder beleuchtet. Es entstanden dennoch eine handvoll brauchbare Aufnahmen, von denen drei erfolgreich gestackt werden konnten. Mit der Schärfe der Fotos bin ich ganz zufrieden, das Rauschen ist leider etwas zu stark. Die Einzelfotos entstanden mit ISO 800 und Belichtungszeiten um 1 Sekunde. Im Nachhinein wäre eine geringere Empfindlichkeit bei längerer Belichtungszeit die bessere Wahl gewesen. Das Ende der Finsternis ließ aber keine umfangreichen Einstellungen der Kamera mehr zu. Ein paar anschließende Darkframes hätten der Aufnahme trotzdem gutgetan. Der verfinsterte Mond ist doch lichtschwächer als mit bloßem Auge vermutet.
Details zum Bild (oben):
- Canon EOS 100D (APS-C) im Primärfokus
- 900mm, ƒ/9
- Belichtung 0,5″, 1,0″ und 1,3″
- ISO 800
- aufgenommen als RAW und mit darktable „entwickelt“
- gestackt mit GIMP
- keine Filter
- keine Dark-, Bias- oder Flatframes
Nachdem der „Spuk“ vorbei war, schwenkten wir nochmals zu Mars. Diesmal war das Seeing auch hier hervorragend. Trotzdem bleibt der Anblick des Mars in einem Fernrohr dieser Größe schlichtweg langweilig. Trotz seines scheinbaren Durchmessers von fast 25 Bogensekunden offenbart der Mars keine Oberflächendetails. Es bleibt bei einem orangefarbenen Planetenscheibchen ohne Strukturen. Erst z. B. mithilfe der sog. Lucky-Imaging-Methode im Zusammenspiel mit höher auflösenden Fernrohren lassen sich dem Mars einige seiner Geheimnisse entlocken.

Was uns und auch einigen Mitbeobachtern nach Ende der Finsternis auffiel: Mars schien seine rote Farbe verloren zu haben und leuchtete im Kontrast zum nun wieder teilweise beleuchteten Mond fast weißlich. Dieses Phänomen war einigen von uns auch schon Tage zuvor aufgefallen. Solange der Mond noch nicht seine volle Phase erreicht hatte und in ausreichender Entfernung zum Mars stand, leuchtete dieser in kräftigem Orange. Einen Tag vor der Finsternis befand sich der Mond ebenfalls schon recht nahe am Mars und auch hier erschien er geradezu farblos.
Zu guter Letzt nahmen wir noch „h und χ (chi)“ sowie die Andromedagalaxie (M31) ins Visier und packten anschließend zusammen. Diejenigen, die bis hierher durchgehalten hatten, wurden noch mit einem zweiten Überflug der ISS kurz nach Mitternacht belohnt (Überflugdetails).
Schön war’s.
(ms)